ärztliche Ellenbogen
Auch bei den jüngsten Verbalattacken von Medizinseite gegen die Politik muss ich immer wieder daran denken, wie massiv Ärzte gegen alles und jeden ankämpfen, der auch nur im Entferntesten ihre als selbstverständlich und sicher angesehenen Pfründe antasten könnte - und sei es aus noch so guten Gründen.
Ich erinnere mich dabei zB an eine TV-Reportage vor Jahren, in der ein Gyn-Prof eine minimal invasive Op-Methode mittels Endoskop, als Neuerung vorstellte. Das Verfahren hätte den Patientinnen Liegezeiten, große Narben und Schmerzen erspart, den Krankenkassen einiges an Geld.
Der Professor erzählte, er sei auf Kongressen und auch sonst von seinen Kollegen massiv angefeindet, gar persönlich angegriffen worden - man habe ihm das Leben schwer gemacht. Gut, Ärzte sind bekanntlich besonders emfpindlich, was ihre eigenen Bedürfnisse und (vermeintlichen) Rechte angeht, aber nicht zimperlich beim Austeilen gegen andere. Aber wenn sogar Ärzte gegen ihre Kollegen und Professoren austeilen und diese bedrängen, kann man sich hochrechnen, wie dann erst gegen alles was Nicht-Arzt ist, vorgegangen wird.
Mir fällt immer wieder auf, dass die viel zu wenigen Ärzte, die im Sinne ihrer Patientinnen und Patienten handeln, von ihrer Kollegenschaft bedrängt, bedroht, ausgegrenzt und schliesslich ins Abseits oder gar aus dem Beruf gedrängt werden.
Das war seinerzeit beim Dr. Semmelweiss so, der mit einfachen Methoden das Kindbettfieber stoppte, das erst durch Ärzte ausgelöst resp. auf die jungen Mütter übertragen wurde und an dem zigtausende grade gewordene Mütter starben. Seine Ideen und Methoden wurden von seinen Kollegen abgelehnt, er selbst angefeindet und rausgemobbt. Als seine Ärztekollegen dann irgendwann doch seine Methoden anwandten, waren derweil viele tausend Frauen an der Arroganz und Ignoranz der Ärzteschaft gestorben.
Oder auch die Wiener Kinderärztin Frau Dr. Markowitz, die vor einigen Jahren revolutionäre und dennoch einfache Methoden im Umgang mit Frühgeborenen anwendete. Weniger Brutkästen, mehr Einsatz der Mütter. Der Erfolg gab ihr Recht: Zufriedene, glücklichere Mütter, gesündere Kinder. Aber ihre Kollegen feindeten sie an, ihr wurde der Prozess gemacht und sie ins Abseits gedrängt.
Vielleicht ist es wie damals zur Hochzeit der Industriealisierung, als gegen die Ausbeutung der Fabrikarbeiter sich der erste Widerstand formierte, der aber nur gelingen konnte, weil auf der Fabrikbesitzer-Seite einige Bosse menschlich und/oder vernünftig waren und sich auf die Seite der legitimen ArbeiterbeBürfnisse und gegen ihre ausbeuterischen Boss-Kollegen stellten. Sicherlich hat man die damals auch als Verräter und Nestbeschmutzer tituliert.
Und vermutlich ist es längst an der Zeit, dass wir Patienten uns jetzt auch formieren, um uns nicht vom medizinisch-industriellen Komplex absorbieren, benutzen und verwerten zu lassen. Es gibt Anfänge, auch in der Politik.