Gelassen aber zupackend
Menschliche Bestialität ist einfallsreich. Viele Grausamkeiten geschahen ohne Aggression, Wut oder Rachegefühle. Kaum einer der Täter geriet ausser sich. Mancher hielt einfach inne oder unterbrach die Tortour, um später fortzufahren.
Wären Blutgier und Mordlust die Triebkräfte der Barbarei, die Grausamkeit wäre niemals so erfinderisch gewesen, wie sie tätsächlich war. Ihnen fehlt die Kreativität des Exzesses, die kaltblütige Grausamkeit des Ergreifens und Ausprobierens.
Der Exzess sprengt den Rahmen geregelter Gewalt. Er nimmt Strafe und Folter allenfalls als willkommenen Anlass.
Im Exzess tobt sich die Macht an Wehrlosen aus. Seine Wurzel liegt in einer Situation der Allmacht. Im Exzess beweist der Täter seinen Triumph über den anderen. Er zeigt, wie frei er ist. Der Exzess ist Gewalt um ihrer selbst willen, Terror an sich. Grausamkeit will nur sich selbst, die absolute Freiheit der Willkür, die sie durch zahllose Einfälle und Variationen verwirklicht. Quelle: Wolfang Sofsky - Die Ordnung des Terrors: Das Konzentrationslager.
Barbarei, Bestialität und Exzess zeigen sich auch in der rechtswidrigen aber unkontrollierbaren Praxis totalitärer heimlicher Überwachung samt Mobbings, also seelischer Zersetzung (manche nennen es Dekonstruktion) mittels Durch-die-Wände-guck-Apparaten und Gedankenlese-Geräten, die sich zwar immer nur Einzelne herausgreift aber wegen der grundsätzlichen, totalen Verfügungsmacht über prinzipiell jeden, uns alle zu Insassen eines Lagers macht, von der Grösse Deutschlands und darüber hinaus.