Mittwoch, Oktober 08, 2003

Gestern Frontal21 - wiedermal ziemlich gut

Der Hang großer Teile der Bevölkerung, ihr Geld und ihre Zeit mit den Bohlenschen und Küblböckschen Nichtigkeiten zu verplempern - während wichtige Bereiche des gesellschaftlichen Lebens durch Ignoranz vor die Hunde gehen.

Wie zB die Rechte der Patienten (Patienten ohne Rechte). Die wir ja irgendendwie alle sind. Die Eine mehr, der Andere weniger - die Eine früher, der Andere später.

Sie sind die Götter in Weiß, sie machen immer alles richtig und schon gar keine Fehler: Ärzte in Deutschland. Behandlungsfehler in Kliniken und Arztpraxen sind tabu. Und die Opfer falscher Behandlungen leiden nicht nur unter den körperlichen Folgen. Sie müssen auch noch selbst beweisen, dass ihre Gesundheit verpfuscht wurde, denn die Beweislast vor Gericht hat allein der Patient.

Eine beeindruckende, klar und offen sprechende Patientenanwältin Maia Steinert, fordert eine Umkehr der Beweislast:
"Die Patienten-Dokumente sind die Beweismittel. Doch der Patient muss vollständig beweisen, dass ein Behandlungsfehler stattgefunden hat, und diese Beweismittel besorgen sie sich quasi von ihrem Gegner, der die Dokumente in seiner Akte erstellt."

Auch der Patientenvertreter Thomas Isenberg vom Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert die Umkehr der Beweislast.

Und da stellt sich die Bundesjustizministerin Zypries in ihrer offenbar unantastbaren stoischen Ignoranz der Verhältnisse hin und sagt, es gäbe keinen Handlunsgsbedarf. Die geht augenscheinlich über Leichen, um beim ÄrzteStaat im Staate den Kotau zu machen.

Mehr Waffengleichheit für Patienten? Die Justizministerin Brigitte Zypries schlägt sich auf die Seite der Ärzte: "Der Patient ist in keiner anderen Situation als in jedem anderen Prozess auch."

Mit Verlaub, die Ministerin scheint wahrnehmungsgestört zu sein. Oder sie redet wider besseres Wissen. Grauenhaft sowas.

Ähnlich ignorant auch unsere sog. BundesgesundheitsMinisterin. Also wenn man schon so transusig ist, wie diese zwei politisch-moralischen Treibhölzer, dann sollte man doch wenigstens auf der richtigen sozialen Seite Unbeweglichkeit zeigen.
Es ist sehr frustrierend, dempimierend, traurig, was immer wieder dort Oben passiert.

Patientenvertreter fordern ein eigenes Patientenrecht. Patientenanwältin Maria Steinert nennt uns ein paar Eckdaten:
"Sind die Dokumente nicht vollständig, dann sollte die Beweislast zu Lasten des Arztes umgekehrt werden. Sind Befunde nicht erhoben worden, dann wäre das grob fahrlässig. Wieder müsste die Beweislast umgekehrt werden. Wurde gegen Hygienevorschriften verstoßen, wieder Beweislastumkehr. Das ist heute schon Richterrecht. Es gibt bestimmte Fallbeispiele. Wenn man die in Gesetze modifiziert, dann würden einige Fälle mit Sicherheit leichter zu beurteilen sein."

Konflikte schneller beheben wollen auch Ärztevertreter - wie etwa Frank-Ulrich Montgomery vom Marburger Bund: "Wir sind immer dafür, dass man das Arzt-Patientenverhältnis erleichtert, weil es Beschädigungen auf beiden Seiten gibt. Arzt und Patient sind durch den Konflikt beschädigt. Wenn man mit Gesetzen erreichen kann, dass das schneller zu Ende geht, dass der Patient schneller zu seinem Recht kommt oder schneller davon überzeugt wird, dass alles richtig gegangen ist, wenn man das durch Gesetze erreichen kann, dann halte ich das für vernünftig."

Doch das Justizministerium bleibt dabei: Keine Umkehr der Beweislast und kein eigenes Patientenrecht. Brigitte Zypries: "Ich meine nicht, dass es den Patienten in eine Situation bringt, die eine andere ist, als in jedem anderen Rechtsstreit, bei dem man einen Anspruch geltend macht."


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