Samstag, August 06, 2005

ÄrzteProteste - ÄrzteEinkommen
Ärzte sind - im Gegensatz zu Beitragszahlern und Patienten - exzellent organisiert - warum protestieren die in der Öffentlichkeit, statt direkt auf die Chefärzte, Standesorganisationen und die Politik einzuwirken? Das ist doch ganz klar eine Show in Richtung Beitragszahler und Patienten - aber was soll das?

In Deutschland verdienen die Krankenhausärzte im Durchschnitt zwar weniger als ihre Kollegen in anderen Industrienationen Quelle Tagesspiegel Jedoch gehören deutsche Chefärzte weltweit zu den Spitzeneinkommern:
1 Chefarzt bekommt etwa soviel wie 100 Assistenzärzte!! [Rainer Woratschka grade im Radio] Link TS

Der internationale Vergleich von Ärzteeinkommen greift zu kurz, wenn nicht dazu gesagt wird, für wieviele potentielle Patienten ein Arzt sein Geld bekommt. Bekäme ein Arzt im Ausland beispielsweise 10 000 Euro netto/Monat für 3000 potentielle Patienten, während sein gleicher deutscher Kollege mit der Hälfte des Geldes auskommen müsste, dann sähe das auf den ersten Blick zwar besser für den Mediziner im Ausland aus, aber wenn klar würde, dass für die gleiche Anzahl Patienten in Deutschland nicht einer sondern drei Ärzte zuständig sind, dann stünden deutsche Ärzte tatsächlich als die Spitzeneinkommer da.

Frage:
Wenn Ärzte in England ach so viel mehr verdienen als hiesige Ärzte, warum gibt es dann dort derartigen Ärztemangel, dass Patienten extrem lange Wartezeiten ertragen müssen?

Im WDR-Tagesgespräch berichtet eine Krankenschwester, so übel wie von den Medien vielfach dargestellt, seien Assistenzärzte gar nicht dran. Bei denen ginge es recht locker zu, denn die Schwestern hielten ihnen weitgehend den Rücken von der Arbeit an den Patienten frei, weil die Ärzte immer weniger am Patienten interessiert seien, und sie erhielten ihre praktische Ausbildung am Patienten quasi von den Krankenschwestern. Lange Arbeitszeiten der Assistenz- und anderen KrankenhausÄrzte seien zum grossen Teil auch bedingt durch die Erstellung von Studien, die für Chefärzte ausgearbeitet würden. Da sässen dann Ärzte schonmal bis spät in die Nacht an der Arbeit - aber nicht am Patienten, sondern am Computer. Die Arbeit am Patienten sei überwiegend und zunehmend eine Sache der Schwestern und Pfleger. Rainer Woratschka ergänzt mit einer Statistik, dass es vor Jahrzenten etwa 40% und heute 80% der Ärzte überwiegend um's Geld ginge, nicht um die Patienten, nicht um Ethik/Ideale.
Eine Ärztin erklärt aber abschliessend, dass die Hauptursache für Frust und schlechte Stimmung bei den Krankenhausärzten die extremen Hierarchien seien. Würden diese abgeschafft, würden auch viele Ärzte mit weniger Geld gerne arbeiten.

Feststellung und Frage:
Fast alle vom Medizinwesen Betroffenen sind tief frustriert: Die Patienten, die Beitragszahler, die Patientenschutzverbände, die Finanzpolitiker, die Ärzte, aber dennoch gibt es keine massive Bewegung zum Besseren hin. Woran liegt das? Ärzte gehen auf die Strasse, demonstrieren, die Pharmabranche betreibt massive Lobbypolitik, die diversen Ärzteverbände üben Druck auf die Politik aus, die Krankenkassen trommeln für ihre Sache - nur die Beitragszahler und Patienten schlafen den Schlaf der Gerechten?