Mittwoch, August 18, 2004

Kein Kuriosum

Vor Jahren schilderte in einem zufälligen Gespräch mir mal eine Dame eine Story, die ich damals eher unappetitlich bis abstrus - bestenfalls kurios empfand - mitlerweile erinnere ich mich wieder daran und finde die Sache doch ziemlich bedenklich.

Ich erinnere mich vage an ihre Schilderung eines behördlichen Verwaltungsakts - worum es dabei ging, weiss ich nicht mehr - jedenfalls war es der angeblich nicht seltene Fall, dass nach dem sog. gesunden Menschenverstand die Sache eigentlich klar sein müsste - aber die Behörde entschied genau das unanfechtbare Gegenteil.

Irgendwie war es dann aber wohl so, dass die Dame irgendwoher erfahren hatte, dass die Amtsperson, die den Fall entschieden hatte, angeblich unter dem Einfluss von Psychopharmaka stand. Das wurde dann irgendwie eingebracht und das Ergebnis war dann am Ende für die Dame positiv, wohl weil die Entscheidung deswegen revidiert wurde.

Meine Einschätzung pendelte damals von, es schmutzig zu finden, derart den medizinischen Bereich zu instrumentalisieren, um Leute resp. deren Entscheidungen zu diskreditieren, und interessiertem ÜberraschtSein von so einem mir bis dato unbekannten Problem.
Sie meinte aber, dass es problematisch sei, wenn Entscheider und andere Amtsträger im Alltag wichtige Entscheidungen quasi unter dem Einfluss von PsychoPharmaka fällten und darauf angewiesen, also abhängig wenn nicht sogar süchtig seien.

Ich fand es damals übertrieben, sowas als echtes Problem bei Behörden zu sehen.
Erstens, so dachte ich, wird es nicht allzu viele solche Fälle geben, wo derart mächtige Personen quasi durch den Ge- oder Missbrauch von Psychopharmaka quasi nicht mehr ganz zurechnungsfähig sind und völlig abstruse Entscheidungen treffen und zweitens sind solche Präparate verschreibungspflichtig und ihre Wirkung auf den Patienten werde vom Arzt kontrolliert - dachte ich.

Über beides bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich hab grad keine Zahlen, aber die massenhafte Einnahme von Psychopharmaka ist eigentlich bekannt - und es sind sicher nicht alles nur Christiane F.-Typen am Bahnhof Zoo. Grade in den oberen Berufsgruppen und Schichten mit hoher psychischer Belastung scheint mir die Gefahr besonders grosz. Das sollte man wohl im Auge behalten. Wenn Alkohol grundsätzlich bei der Arbeit und hinterm Lenkrad verboten ist, dann darf man die viel stärker wirksamen legalen, chemisch-synthetischen Psycho-Drogen (Mothers little helper) nicht unterschätzen. Wer weiss, was schon schlimmes Berufliches verbrochen wurde, unter deren Einfluss.
Und auch was die Kontrolle durch den Arzt angeht, habe ich doch erhebliche Zweifel. Wie sollte ein Arzt zB einen Staatsanwalt oder eine Richterin, die Psychopharmaka einnehmen, kontrollieren?! Die fühlen sich mit dem Zeug wohl - und basta. Was die jeweils für Irrsinn praktizieren, fällt womöglich nur dann auf, wenn die auch noch in die Öffentlichkeit streben wie der sog. Richter "Gnadenlos" Schill, oder sich die Skandal-Urteile und Praktiken häufen. Ich denke mitlerweile, dass es ein echtes Problem ist, dass man im Auge behalten sollte.