Sonntag, August 29, 2004

Zielkonflikt

Ärzte bekommen nur Geld, wenn wir Bürger krank sind, nicht aber für unser Gesundsein.

Der übermächtige Part beim Arzt-Patient-Kontakt ist nicht der Patient, sondern der Arzt.

Also sind die finanziellen Interessen mächtiger als die gesundheitlichen Interessen.

Wie kann man diese widerstrebenden Interessen möglichst so aus-balangzieren, dass sowohl die Patienten so gesund wie möglich bleiben oder werden können und dennoch die Ärzteschaft ihr Ein- und Auskommen hat?

Bislang spielt es für die Honorierung des Arztes ja keine Rolle, wie zufrieden der Patient mit der ärztlichen Dienstleistung ist.
Der Arzt rechnet genormte Dinge ab - wie zB GeräteNutzung, Gesprächs-FixZeit und so weiter.

Wohl jeder Mensch weiss das und denkt so - und auch laut WHO-Definition gehören zur Gesundheit auch so weiche Faktoren, wie perspönliches und soziales Wohlbefinden.

Ärztlicher Dienst an der Gesundheit ähnelt im Kern eher der Tätigkeit der LeistungsErbringer in der Gastronomie, wie zB der Arbeit des Kochs, der sowohl ein wohlschmeckendes als auch gesundes Essen zubereiten soll, während die Servierkräfte und die anderen Beteiligten für ein möglichst angenehmes, menschliches Ambiente sorgen sollen. Das ist etwas ganz anderes, als zB die Arbeit von Handwerkern, Technikern, Ingenieuren, die nach Norm bestimmte technische Geräte optimieren oder reparieren.

Wie wäre es, die Honorierung des Arztes zum Teil von der persönlichen also subjektiven Einschätzung/dem Urteil der Patienten abhängig zu machen. Ein anderer Teil müsste sowas wie eine finanzielle Grundsicherung sein, damit kein Arzt in den finanziellen Abgrund stürzt, falls er alle Patienten seiner "Gemeinde" gesund therapiert haben sollte.

Warum könnten zB nicht die Patienten - ähnlich wie das Trinkgeld in der Gastronomie - am Ende eines jeden Quartals ihr persönliches Urteil darüber abgeben, ob sie sich von dem Arzt/den Ärzten, die sie im vergangenen Quartal aufgesucht hatten, gut oder eher schlecht untersucht und therapiert fühlten - und dafür jeweils Bonus- oder MalusPunkte vergeben, die mit Extra-Vergütungen belohnt werden.

Der Trick bei der Sache ist der, dass anders als beim "Trinkgeld" in der Gastronomie, wir Patienten die Bonus-Beträge nicht direkt selbst aus eigener Tasche zahlen - was die Freiheit des Urteils natürlich verfälschen würde - sondern diese Regelung wird zu einer Komponente der Budget-Verteilung.

Vorteil dieser Regelung wäre, dass Ärzte einen finanziellen Anreiz hätten, den Patienten als Individuum mit einem subjektiven eigenen Urteil wahr zu nehmen und sich für dessen Wohlmeinung zu interessieren.

Es geht um eine Art Weichenstellung welchem Bild eines Gesundheitswesens man folgen will:

Die Ärzteschaft mit IHREM Medizinwesen hält sich die Patientenschaft ähnlich wie Bauern ihr Vieh, nutzt also die Bürger für ihre ökonomischen, medizinischen und Karriere-Zwecke?

Oder aber Ärzteschaft und Medizinwesen ist für uns Bürger da und stellen sich in den Dienst um unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden zu fördern und wieder her zu stellen - also Dienstleister an der Hauptperson des Verfahrens: Dem Patienten?

Wünschenswert ist sicher nur das zweite Modell. Für bittere bundesdeutsche Realität halte ich jedoch leider eher die erste Beschreibung.

Das zweite Modell setzt voraus mündige Bürger die sich schon frühzeitig interessieren für ihre Gesundheit und die gesellschaftlichen Bedinungen, in den das alles passiert und die eine Macht aufbauen, die der Macht des medizinisch-industriellen Komplexes überlegen ist, aber zumindest Paroli bieten kann. Leider ist das Gegenteil die Wirklichkeit.

Mit-Entscheidend sind jene Leute, die keiner der beiden Seiten angehören: Also weder krank, also keine Patienten sind, aber auch nicht dem medizinsch-industriellen Komplex angehören. Wenn diese Leute auch noch Macht haben, wie Leute an den Hebeln und Schaltstellen von Justiz und Politik, dann kommt es besonders auf sie an. Leider gibt es einen fatalen aber informellen sogenannten Akademiker-Beistandspakt zwischen Ärzten und Juristen. Weil sehr viele Politiker auch Juristen sind, herrscht hier also eine Allianz der Macht-Elite über die Rest-Bürger aus Nicht-Ärzten und Nicht-Juristen. Eine Mischung aus Iatrokratie (Ärzte-Diktatur) und Plutokratie (Diktatur der Reichen und Mächtigen). Das schreit nach einer Revolution der Bürger - oder? WIR sind das Volk.

Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft mit hochgetriebener Spezialisierung des Individuums. Fraglich ist, ob das noch extremer auf die Spitze getrieben wird oder sie den Zenit bereits erreicht und überschritten hat oder sogar wieder zurück geht/gehen muss.